WingTsun ist eine Kampfkunst.Wie andere Künste auch Bedarf es zu ihrer Beherrschung einer Portion Talent,aber insbesondere beharrlichen Fleißes und geduldiger Ausdauer.
In unsere schnelllebigen Zeit mangelt es zwar keineswegs an Bewegungstalenten,wohl aber häufig an den speziellen Charaktereigenschaften,die das Talent erst zur Entfaltung bringen können.Dabei ist nicht einmal gesagt ,dass man diese speziellen Eigenschaften schon von vornherein besitzen müßte,aber es braucht die innere Bereitschaft,an sich und der Kunst nicht gerade ehrgeizig,aber ernsthaft und doch mit einer gewissen inneren Heiterkeit zu arbeiten.
Wer allerdings WingTsun als einen Weg zur Persönlichkeit auffasst und von der laienhaften Beschäftigung zur Kunst fortschreiten will,muß bereit sein,sich für Veränderung zu öffnen und sich mit dem WingTsun so auseinandersetzen,dass sich ein Grad des Könnens mit ästhetischer Qualität,eben der Kunst,entwickeln kann.
Es Bedarf schon fast keiner Erwähnung mehr,dass hier ein nicht zuletzt erheblicher zeitlicher Aufwand verlangt wird,der den Strömungen unseres heutigen Alltagslebens durchaus zuwider läuft,meiner Beobachtung nach aber allmählich doch immer mehr Menschen fasziniert,gerade weil sie es satt sind,den Terminen,Geld und oberflächlichen Vergnügen nachzulaufen,und eine sinnhafte Ausrichtung des Lebens suchen,die von den religiösen Kongregationen nicht immer befriedigt werden kann.
Die ernsthafte Beschäftigung mit WingTsun ist ein lebenslanger Weg,der Mühe und Zeit kostet,den ganzen Menschen erfasst und verändert.
Nun kann nicht jeder,der seine Liebe zum WingTsun entdeckt,ein Meister von hohen Graden werden.Das läßt unsere Einbindung und Verantwortung in der bestehenden Leistungsgesellschaft nur in seltenen Fällen zu.Wir befinden uns ja häufig schon in einem Netz von Verpflichtungen und Verantwortungen bevor die Kunst uns innerlich berührt und auf den Weg ruft,sodass unser Einsatz eine mehr oder weniger natürliche Beschränkung erfährt.Jeder muß schließlich sein Brot verdienen,und es ist meiner Meinung nach keine Lösung "auszusteigen" und sich der-meist ja selbst geschaffenen und gewollten Verantwortung für Familie,Vermögen und Beruf zu entziehen.Darum wird das WingTsun aber nicht weniger wertvoll,eher im Gegenteil,und ich finde es recht bewundernswert,wieviel Mühe und Zeit Menschen trotz aller sonstigen Dinge für die Kunst aufwenden.
In der Entwicklung des WingTsun gibt es keine Abkürzungen,und der Entwicklungsverlauf ist nicht immer stetig.Man kennt das Gespräch zwischen dem Anfänger und dem Meister,der gefragt wird,wie lange es dauert die Kunst zu erlernen: "10 Jahre" .Und wenn ich besonders viel und hart übe?"Dann dauert es 20 Jahre"
Zweierlei wird hier deutlich.Zum einen schadet verbissener Ehrgeiz nur,weil er nicht bereit macht und öffnet,sondern einengt und unerwünschte Spannungen erzeugt.Zum anderen das "gut Ding Weile haben will" und ein Fortschreiten von der Technik zur Kunst einen erheblichen Zeitraum benötigt (wie übrigens bei anderen Künsten oder der Meisterschaft in einer sonstigen Beschäftigung auch).
Der einzig legitim erreichbare Zeitvorteil im WingTsun besteht darin,sich einen Lehrer zu suchen,der einem hilft,auf dem Übungsweg schwerwiegende Irrtümer zu vermeiden.
Kann ein Meister uns auch vor unnützer Zeitvergeudung weitgehend bewahren,so gelten die natürlichen Entwicklungsgesetze ebenso für ihn,und er kann einen nur lässig übenden Schüler nicht kraft seiner fachlicher Autorität zu Können und Fortschritt verhelfen.Vielmehr besteht seine erzieherische Aufgabe darin,zu erkennen,wann welcher Schüler eine Hilfestellung braucht und wann der Reifeprozess in der normalen Entwicklung abgewartet werden muß.Ein KungFu Meister sagte in diesem Zusammenhang: "Man kann den Weizen nicht zum Wachstum zwingen indem man ihn nach oben zieht".Oder um ein anderes Beispiel zu gebrauchen,kann man nicht erwarten,dass ein Baby läuft bevor es noch zu stehen gelernt hat.Man muß Schritt für Schritt Vorgehen.Das klingt langsam,tatsächlich aber ist es der effektivste Weg....
Philosophie
Wie lange dauert es eine Kampfkunst zu erlernen?
Wu De - Die Kampfkunst Moral
Kampfkunst ist ein außergewöhnliches Erbe des chinesischen Volkes und
wesentlich mehr als nur Sport, Kampf und Selbstverteidigung. In China gibt es
eine selbstverständliche und enge Verbindung von Kampfkünsten und dem Streben
nach menschlicher Vollkommenheit.
Das Wu De ist ein Regelwerk, das Fundament des Kung-Fu und ein wichtiges
moralisches Gerüst für alle, die die Kampfkunst studieren.
Ein Schüler zeigt das er das Wu De verstanden hat, wenn er sich respektvoll und
diszipliniert verhält.
Wir sollen die Prinzipien des Kung-Fu auf unser tägliches Leben
übertragen. Natürlich führt jeder sein eigenes Leben, deswegen mag es für jeden
eine etwas andere Bedeutung haben, aber dennoch sollte dies nach besten Wissen
und Gewissen umgesetzt werden.
Grundsätzlich werden die Tugenden des Handelns und die Tugenden des Geistes
unterschieden.
Tugenden des Handelns:
- • Demut
- • Vertrauen
- • Achtung
- • Loyalität
- • Rechtschaffenheit
Tugenden des Geistes:
- • Wille
- • Geduld
- • Ausdauer
- • Mut
- • Beharrlichkeit
Während die Tugenden des Handelns eher das Verhalten gegenüber anderen Menschen
prägen,sind die Tugenden des Geistes dafür verantwortlich,wie weit ein
Lernender auf dem Weg des Lernens kommen wird.
Bemerkungen zu den Tugenden des Handelns:
Wer sich nicht selbst überschätzt und sich nicht über andere stellt-also
demütig ist, wer andere Menschen achtet und respektvoll behandelt, wer das
tut, wovon er denkt, daß es nach moralischen Maßstäben das richtige ist und das
nicht tut, was er moralisch nicht vertreten kann - also rechtschaffen handelt - wer
anderen vertraut und vertrauenswürdig ist - wer loyal zu dem und zu denen ist, für
das/die er sich entschieden hat - und auch nicht in der Abwesenheit gegen diese
redet oder handelt, wird von den anderen respektiert und geachtet werden.
Langjähriges, hartes Training führt einen Menschen dahin, seine Unzulänglichkeit
zu erkennen und demütig zu werden.
Nur wer seine Mitschüler achtet wird selbst geachtet und seinen Platz in der
Gemeinschaft haben. Wer im Umgang mit anderen nicht rechtschaffen handelt, wird
auch im Umgang mit sich selbst ein Auge zu drücken und nachsichtig sein, wenn es
um die Frage geht, ob er sich ausreichend um das Weiterkommen in dem von ihm
gewählten Weg bemüht. Ohne Vertrauen zu seinem Lehrer wird man manche Übungen für
zu mühsam und evtl. nicht zielführend halten. Ohne Vertrauen zu seinen
Mitschülern wird man viele Übungen nicht richtig ausführen. Ohne Loyalität zu
dem, wofür man sich entschieden hat, wird man wechseln, sobald es unangenehm oder
zu anstrengend wird und wird in keiner Tätigkeit Meisterschaft erlangen. Im
Gegensatz zur vorherrschenden Konsummentalität ist es harte Arbeit, sich
ernsthaft mit einer Kunst auseinander zu setzen und sich die Fähigkeiten dieser
Kunst anzueignen.
Alle genannten Aspekte führen daraufhin: „Sei Du selbst, stehe zu Deinen
Überzeugungen, sei hart mit Dir, lass Dich nicht von Deinem inneren Schweinehund
vom richtigen Weg abbringen.“
Bemerkungen zu den Tugenden des Geistes:
Wie stark oder wie wenig die Tugenden des Geistes bei einem Menschen ausgeprägt
sind,ist zu einem dafür ausschlaggebend, wie weit dieser Mensch auf seinem Weg
eine Kunst zu erlernen kommen wird - wie lange er "dabei bleibt". Zum
anderen ist dies entscheidend dafür, welches Niveau er in der Ausübung seiner
Kunst erreichen wird.
Ohne Wille, Ausdauer, Geduld und Beharrlichkeit wird ein mühsamer Weg sicher vor
dem Ziel verlassen werden. Mut ist sicher auch immer wieder zum Durchhalten
notwendig - wenn beispielsweise für Außenstehende lächerlich wirkende Übungen
wichtig werden, sich der Übende von der Allgemeinheit abhebt und ungewöhnliches
tut. Auch wenn Entscheidungen in einem Lebensweg zu treffen sind und andere Wege
zugunsten der Kunst, für die man sich entschieden hat, nicht weiter verfolgt
werden, ist Mut notwendig. Im Kung-Fu sind die oben genannten Tugenden zudem für
den Erfolg im Kampf wichtig. Wer ohne Mut in einen Zweikampf zieht, wenn der
Wille zu Siegen fehlt, wer keine Geduld hat und nicht den rechten Augenblick für
seine Aktionen abwartet,wer nicht beharrlich und ausdauernd konzentriert
bleib, wird im Zweikampf nur schwer erfolgreich sein.
Bei Menschen, die sich ernsthaft mit einer Kunst/einem Weg auseinander
setzen, wird dies über Jahre zu einem Teil des eigenen Lebens. Es gibt keine Eile
im Erlernen neuer Techniken oder Inhalte, da die einzigen Grenzen, die es gibt
von einem selbst gesetzt werden.
Nicht jeder Weg ist für jeden Menschen der richtige Weg. Woran die meistens, die
aufhören jedoch scheitern ist zum einen ein dominierender Konsumgedanke, zum
anderen der Mangel an Demut. Wer zu früh zu frieden ist, sich relativ an seinen
Mitschülern misst und sich für gut hält, wer seine Mitschüler oder Lehrer oder
die Unterrichtsmethoden oder - Inhalte gering schätzt wird seinen Weg der
Kampfkunst noch vor dem Ziel verlassen.